+ Besuch an der Deutschen Börse – unser Parkett der Zukunft für Frankfurt +

Heute habe ich die Deutsche Börse in Frankfurt besucht. In einem mehrstündigen Gespräch habe ich mich über die Rolle und die Bedeutung der Deutschen Börse für den Finanzplatz Frankfurt und die strategischen Vorhaben der Markt- und Risikosteuerung informiert.

Wir debattierten ausführlich über die bevorstehende Fusion mit der Londoner Börse LSE. Kritisch haben wir über Risiken und Vorteile gesprochen. Dabei standen im Mittelpunkt: die Fusion, zukünftige Projekte mit FinTechs und deren Förderung, Arbeitsplatzsicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Ausrichtung der Börse auf globaler Ebene, Übernahmerisiken aus den USA und die Bedeutung für die Europäische Union mit dem Fokus Richtung Asien, Nordamerika und Südamerika.

Ich spreche mich persönlich für die bevorstehende Fusion der Deutschen Börse mit der LSE London aus – und damit für einen starken Finanzplatz Frankfurt als nationales und internationales Finanzzentrum der Europäischen Union, das jetzt schon ein währungspolitisches Zentrum mit dem Sitz der Europäischen Zentralbank und der Bundesbank ist und hoffentlich bald auch mit dem Sitz der Europäischer Bankenaufsicht, dessen Umzug von London nach Frankfurt von vielen Akteuren unterstützt wird.

Mit dem Standort Frankfurt sind wir bereits ein wichtiges Tor zur größten und stärksten Volkswirtschaft Europas. Vor diesem Hintergrund unterstütze ich den politischen Wunsch der Hessischen Landesregierung, auch nach der Fusion einen Hauptsitz innerhalb der EU und in Frankfurt anzusiedeln.

Unabhängig von dieser Fragestellung, bleiben die Deutsche Börse sowohl als auch die LSE steuerpflichtig in ihren jeweiligen Sitzländern. Die Kontinuität wird aufrechterhalten, mit ausgeglichener Verteilung der zentralen Unternehmensfunktionen auf beiden Seiten. Es gibt keine negativen Veränderungen bei bestehenden lokalen Börsen, Rechtseinheiten und Angeboten. Beide Finanzzentren und auch das lokale Geschäft wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen wie bis jetzt.

Wir in Frankfurt werden von der Fusion profitieren. Wir schaffen eine Liquiditätsbrücke und kreieren nicht nur eine Reihe von Vorteilen für Investoren – sondern besonders auch für kleinere und mittelständische Unternehmen, dem Rückgrat der europäischen Wirtschaft, durch die Erweiterung von Finanzierungsmöglichkeiten und somit Wachstumspotential. Dies kann strukturell einen enormen gesellschaftlichen Mehrwert darstellen.

Frankfurt wird als nationales und internationales Finanzzentrum gestärkt und es wird weiterhin die Position von bestehenden Geschäftsbereichen, wie zum Beispiel der Eurex Clearing oder der Clearstream, hervorgehoben. Wir müssen uns vor Augen führen, dass die Deutsche Börse im globalen Wettbewerb aktuell den Anschluss verliert. Von einst Platz eins mit Hinsicht auf Marktkapitalisierung, ist das Unternehmen mittlerweile auf Platz vier im globalen Kontext abgerutscht. Wir müssen mit den USA, Asien und Lateinamerika auf einer Augenhöhe sein. Dies können wir nur mit einer starken europäischen Börse schaffen.

Mit der Fusion denken wir globaler und schaffen einen wegweisenden und wertsteigernden Zusammenschluss zugunsten von Europa, zugunsten von Deutschland und damit für unser Frankfurt. Frankfurt ist heute bereits stark aufgestellt, aber muss für eine erfolgreiche Zukunft weiter gestärkt werden. Dies können wir nur mit einer europäischen Marktinfrastruktur schaffen, die auf globaler Ebene wettbewerbsfähig ist – eine Marktinfrastruktur, die aufgestellt ist, um die Initiative der Europäischen Kapitalmarktunion eine Realität werden zu lassen.

 

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“Sie werden uns nicht zwingen zu hassen” – Gauck in Süddeutsche Zeitung vom 31.07.2016

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Gauck in Süddeutsche Zeitung vom 31.07.2016

Es ist eine Rede zur Seelenlage der Nation: Bundespräsident Joachim Gauck sprach beim Trauerakt im bayerischen Landtag zu den Angehörigen der Opfer des Amoklaufs, aber auch zu den verunsicherten Bundesbürgern. Die SZ dokumentiert das Manuskript der Rede in Auszügen:

In Momenten wie diesen stehen wir fassungslos vor den Abgründen der menschlichen Existenz. Wir erschrecken erneut davor, was Menschen Menschen antun können. Nicht nur in irgendeiner Ferne, sondern hier, in unserer gewohnten Umgebung, so verstörend nah und deshalb so extrem erschreckend. Taten wie diese lassen uns erstarren, sie führen uns an die Grenze dessen, was wir ertragen können.

Wer auch immer glaubt, seine Person oder sein Dasein gewinne an Bedeutung, wenn er möglichst vielen selbstherrlich und willkürlich das Leben nimmt, soll wissen: In diesen Abgrund des Denkens werden wir ihm

Worüber wir aber erneut nachdenken müssen, das sind die Ursachen, die Menschen wie den Täter von München zu derart mörderischen Taten treiben. Da stoßen wir auf junge Männer mit labilen Charakteren, die sich von ihrem Umfeld gedemütigt, ausgegrenzt, nicht angenommen sehen.

Oft sitzen sie vor dem Computer auf der Suche nach Vorbildern, die sich an diesem Umfeld mitleidlos rächen und in der medialen Berichterstattung dann zu trauriger Berühmtheit gelangen. Das ist eine Realität, die Angst macht. Wieder stellt sich die Frage der Verantwortung, die für Betroffene, für Freunde und Familie, für Ärzte, ja, für die ganze Gesellschaft erwächst.

Allzu schnelle Schlüsse verbieten sich: Weder steckt in jedem, der eine Persönlichkeitsstörung aufweist, ein Straftäter; noch entlässt sie einen Straftäter gleich aus seiner persönlichen Verantwortung. Gewiss ist aber: Diese Menschen planen ihre Tat meist lange und präzise voraus. Es gibt oft Anzeichen für die Entwicklung – wenn man sie denn wahrnehmen will und kann. Die Gesellschaft darf diese Menschen, gerade junge Menschen, nicht allein lassen und dulden, dass sie auf gefährliche Weise zu Randständigen werden.

Bei allem Entsetzen, bei aller Trauer, bei allen offenen Fragen hat der 22. Juli auch gezeigt, wozu der Mensch in seinen besten Momenten fähig ist. Gerade im Angesicht von Unglück, Katastrophe und Verbrechen offenbart er sein menschliches Gesicht. Vor gut einer Woche stand der Tat eines Einzelnen die Solidarität unendlich Vieler gegenüber. Auf das, was Angst und Schrecken verbreiten sollte, antworteten die Münchner, indem sie ihre Türen öffneten und Hilfe anboten. Das hat mich sehr bewegt ebenso wie die Anteilnahme aus aller Welt. In der Gemeinschaft der Vielen, die sich ein friedliches Miteinander wünschen, können wir das Vertrauen wiederfinden, das wir jetzt so dringend brauchen. Die Abfolge immer neuer Gewalttaten, die wir in diesen Jahren erleben, plötzlich so nah, in so kurzen Abständen, scheinbar ohne Ende, all das entsetzt uns. Ich verstehe gut, warum viele sagen, sie seien verunsichert. Warum sie sich fragen, ob sie noch ins Konzert, ins Kaufhaus, in die Kirche gehen können.

Wir können nur noch schwer auseinander halten, ob eine Tat im Namen einer Religion oder einer Ideologie begangen wurde, aus Fanatismus, Nationalismus oder Rassismus. Und doch verlangen wir Menschen nach Sinn und suchen Motive für das Geschehene. Wir betrachten zusammenfallende, nicht unbedingt aber zusammenhängende Ereignisse.

Auf diese Differenzierung – so schwer sie uns manchmal fällt und so viel sie uns abverlangt – müssen wir uns einlassen und somit auch die eigene Ratlosigkeit eingestehen. Denn wir stoßen auf Abgründe von Sinnlosigkeit und Destruktivität. Wenn so etwas geschieht, ist sowohl unser Bild vom Menschen als auch unsere Vorstellung einer göttlichen Ordnung gefährdet, für manche total in Frage gestellt. Falls Amokläufer und Attentäter etwas gemeinsam haben, dann wohl allein die Absicht, uns das Gefühl von Sicherheit und Normalität zu rauben.

Der Amokläufer will Rache nehmen an der Gesellschaft, von der er sich missachtet oder diskreditiert sieht. Der Terrorist will Furcht sähen, Furcht um unser Leben, unser Zusammenleben, unser Recht. Er verachtet den Frieden derer, die das Recht und das demokratische Miteinander leben und lieben.

Aber all denen, die aus unserer Heimat Orte der Furcht und des Schreckens machen wollen, den Attentätern und Amokläufern wie den Terroristen, werden wir eines nicht geben: unsere Unterwerfung. Sie werden uns nicht zwingen zu hassen, wie sie hassen. Sie werden uns nicht in der Gefangenschaft immerwährender Furcht halten. Wir werden bleiben, was wir sind: eine mitmenschliche, solidarische Gesellschaft. Und eine Gesellschaft, die sich Gefahren stellt.

Das haben wir bereits in München erlebt, als Polizistinnen und Polizisten sich dem Ernstfall gewachsen zeigten, als jede zufällig beteiligte Streife, jedes Mitglied einer Spezialeinheit bereit und in der Lage war zu tun, was notwendig war. Dafür danke ich allen Sicherheitskräften. In München hat sich gezeigt: Die Polizei ist einsatzfähig, der Staat ist handlungsfähig. So muss es sein, und so muss es bleiben, weil wir wissen: Die Bedrohungen dauern an. Die Verantwortlichen in der Politik erhöhen die Aufwendungen für die Sicherheit unseres Zusammenlebens.

Einen absoluten Schutz gegen Täter, vor allem Einzeltäter, die es darauf anlegen, Menschen in Verzweiflung zu stürzen oder zu töten, gibt es nicht. So viel Sicherheit kann ein Staat nicht bieten, erst recht ein demokratischer. Aber eine Allianz von Staatsorganen und wacher, aktiver Bürgergesellschaft bleibt die beste Versicherung dagegen, dass das zynische Kalkül der Gewalttäter aufgeht. In dieser Allianz liegt die Stärke der offenen Gesellschaft.

Liebe Angehörige, es wird dauern, bis Ihr Leben wieder Richtung und Sinn findet. Auch wenn wir Ihnen diesen Weg nicht abnehmen können, so wollen wir Sie begleiten, Ihnen Trost spenden, an Ihrer Seite sein. In aller Trauer und allem Mitgefühl bitte ich alle Familien der Getöteten: Erlauben Sie uns diese Gemeinschaft. Lassen Sie uns füreinander da sein – als Gemeinschaft, die den Toten Raum gibt in der Erinnerung und den Lebenden Frieden."

 

Link zu Süddeutschen Zeitung – Original Artikel

http://www.sueddeutsche.de/muenchen/trauerfeier-im-landtag-sie-werden-uns-nicht-zwingen-zu-hassen-1.3102351

 

 

 

+ Feuerwaffenrichtlinie: Parlament korrigiert die EU-Kommission! +

Jäger und Sportschützen nicht mehr am Pranger/notwendige Verschärfungen bei Internethandel/Votum Binnenmarktausschuss
 
Für den Erwerb und den Besitz von Feuerwaffen sollen künftig strengere Standards in der EU gelten. Der Binnenmarktausschuss des Europaparlaments hat heute jedoch überzogene Vorstellungen der EU-Kommission zur Revision der EU-Feuerwaffenrichtlinie korrigiert.
 
So konnten die verbindlichen Auflagen regelmäßiger medizinischer Überprüfungen verändert werden. Die in Deutschland bewährten Überwachungsregeln für Jäger und Sportschützen gelten weiter. Auch das unverhältnismäßige Verbot halbautomatischer Waffen wurde – bei gleichzeitige Reduzierung der Magazinkapazität – abgewendet. Dort, wo es offensichtlich keinen Zusammenhang mit Terrorismus gibt, müssen bürokratische Auswüchse verhindert werden, ohne dass wir die Kontrolle über den Besitz von Waffen aufgeben“, sagte der hessische CDU-Europaabgeordnete Thomas Mann.
 
Künftig strenger reguliert wird der Online-Verkauf von Waffen. Für Händler sind strenge Auflagen vorgesehen, die unter der Kontrolle der Mitgliedstaaten stehen. „Die Gefahr, die von Waffen, Waffenteilen oder Munition ausgeht, die von Privatpersonen übers Internet erworben werden können, ist einfach zu groß. Dieser Verbotsschritt ist richtig und stärkt die Innere Sicherheit in der gesamten EU“, so Mann.
 
Nach den Terroranschlägen von Paris und Brüssel hatte die EU-Kommission einen Überarbeitungsvorschlag vorgelegt. Im September wird das Plenum des Europaparlaments abstimmen. Danach beginnen die Verhandlungen zwischen Parlament und den Mitgliedstaaten über den endgültigen Text der Richtlinie.
 

+ Schulstunde über Europa – Thomas Mann zu Gast im Politikunterricht am LITAUISCHES GYMNASIUM +

Von Vanessa Joneleit

LITAUISCHES GYMNASIUM Thomas Mann, Mitglied des Europäischen Parlaments, zu Gast im Politikunterricht

HÜTTENFELD – „Als Mitarbeiter des Europäischen Parlaments ist man ständig unterwegs“, sagt Thomas Mann. Das sei vor allem deshalb von Bedeutung, weil man nur so die verschiedenen Teile Europas näher kennenlernen könne. Auf Einladung seines damaligen Mitarbeiters Aidas Schugschdinis sei Mann 2006 daher auch nach Litauen gereist. „Ich habe das Land kennen- und lieben gelernt“, betont Mann, der es sich daher nicht nehmen ließ, dem Litauischen Gymnasium am Montagvormittag zum wiederholten Male einen Besuch abzustatten.

„Thomas Mann war auch bei unseren Feierlichkeiten zur Unabhängigkeit Litauens an unserer Schule und hat damals zwei Schüler eingeladen, ihn nach Straßburg zu begleiten und dort Näheres über seine Arbeit zu erfahren“, erklärte Oberstufenleiterin Gabriele Hoffmann im Gespräch mit unserer Zeitung. Ehe er die beiden Schüler mitnahm, schaute Mann in deren Politikunterricht der elften Klasse vorbei, um den Schülern dort von seiner Arbeit zu berichten und mit ihnen Themen rund um Europa zu diskutieren.

„Ich bin seit 1994 im Europäischen Parlament“, erklärte Mann, der als Abgeordneter direkte Begegnungen schätzt und daher montags an Schulen, freitags bei Unternehmen, Institutionen und Verbänden gastiert, um sich vor Ort kundig zu machen. Er berichtete den Schülern, dass er nach dem Abitur zunächst Industriekaufmann gelernt habe und später in der Werbebranche tätig gewesen sei. „In meiner Freizeit war ich bei der Jungen Union und habe immer Politik gemacht“, so Mann, der den Schülern zunächst seine drei vorrangigen Arbeitsfelder umriss.

Diskussionsrunde bietet Platz für Fragen

Dazu zählte er zunächst den Bereich Beschäftigung und Soziales. „Damit die Jugendlichen Europa kennenlernen, bedarf es entsprechender Bildungsprogramme“, bemerkte Mann und kam auf Comenius, Leonardo und Erasmus zu sprechen. Weiter betonte er, dass ihm vor allem die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit am Herzen liege: „Junge Menschen brauchen klare Zukunftsperspektiven.“

Ein zweites Arbeitsfeld stelle der Bereich Wirtschaft und Währung dar. Die jahrelange Finanzkrise habe deutlich vor Augen geführt, dass sich Banken und Investoren an klare und transparente Regeln halten müssten. „Undurchsichtige Gewinnerzielung darf nicht zu Lasten des Gemeinwohls gehen“, so Mann, der betonte, dass das Europäische Parlament „total transparent“ arbeite, Ausschusssitzungen würden im Internet sogar live übertragen. Sein drittes Arbeitsfeld umfasse den Bereich Steuervermeidungsstrategien von multinationalen Unternehmen. „Wo Gewinne erzielt werden, müssen auch Steuern gezahlt werden“, erklärte Mann.

Nachdem die Jugendlichen seinen Ausführungen interessiert gelauscht hatten, waren sie an der Reihe: Der Mitarbeiter des Europäischen Parlaments ermutigte sie, Fragen zu stellen. Diese bezogen sich beispielsweise auf die Entwicklungen in Groß-Britannien rund um den „Brexit“ und danach, wie Mann die Situation einschätzt. „Wenn Menschen jahrelang eingeredet wird, Europa sei furchtbar, dann glauben die das irgendwann“, so Mann, der betonte, dass es ein Irrglaube sei, anzunehmen, ein Land könne beispielsweise im Kampf gegen Terrorismus alleine etwas ausrichten. Dies könne nur gemeinsam gelingen.

Weitere Fragen der Elftklässler richteten sich beispielsweise an die Entwicklung Europas nach dem „Brexit“.

Link zum original Text:

http://www.lampertheimer-zeitung.de/lokales/lampertheim/schulstunde-ueber-europa_17052077.htm

 

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+„Der Brexit kann eine Chance sein“+

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Interview mit dem Europaabgeordneten Thomas Mann

Der Europaabgeordnete Thomas Mann spricht darüber, was sich jetzt in der EU ändern soll.

Die Europäische Union ist nach der Brexit-Entscheidung in Großbritannien in Aufruhr. „Wie soll es weitergehen?“, fragen sich die Politiker in Brüssel und in den Hauptstädten. Der hessische Europa-Abgeordnete Thomas Mann (CDU) erklärt im Interview, wie er sich die Zukunft der EU vorstellt. Er nimmt vor allem die Mitgliedsstaaten in die Pflicht. Die Fragen stellte Sven Weidlich.

Soll die EU in den Verhandlungen über den Ausstieg der Briten Härte zeigen oder Nachsicht üben?

THOMAS MANN: Wir müssen Härte zeigen. Es kann keine Mitgliedschaft light geben und keine Sonderregelungen, wenn ein Land sich entschieden hat, die EU zu verlassen. Wenn wir jetzt in die Knie gingen und sagten, „liebe Engländer, bleibt doch an Bord, vielleicht gibt es noch einen Ausweg für Euch“, dann hätten wir das Schlimmste zu befürchten, nämlich einen Nachahmungseffekt in anderen Mitgliedstaaten. Das muss verhindert werden!

Es gibt auch in anderen Mitgliedstaaten Vorbehalte gegen Brüssel. Die EU hat einen sehr schlechten Ruf. Wie kann Brüssel den verbessern?

MANN: Ich würde mir wünschen, dass die Politiker in den Mitgliedstaaten auch über Fortschritte in der europäischen Politik sprechen. Wenn Dinge erfolgreich laufen, sagen sie: „Wir haben gegen andere Länder große Erfolge erstritten.“ Wenn etwas Negatives passiert, wird gesagt: „Das sind die schrecklichen Europäer.“ Dann wird gern alles in Frage gestellt. Es stimmt: Wir haben in Europa eine Menge Bürokratie. Aber diese ist von den Mitgliedstaaten oft genau so gewollt. Denn die Länder wünschen, dass wir uns in Brüssel um den Umweltschutz, den Wettbewerb oder die Bankenkontrolle kümmern. Das Ganze muss in Paragrafen gegossen werden, das geht nicht anders. Die Europäische Kommission hat in den vergangenen Jahren hinzugelernt. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat gesagt, er wolle erreichen, dass wir uns nicht mehr in jeden Kleinkram einmischen.

Aber hat Juncker das auch eingelöst?

MANN: Ja, er hat im Rahmen des Refit-Programms eine Liste von über 150 konkreten Projekten vorgelegt, welche die Kommission nicht weiter behandelt. Darunter ist eines, das mir wichtig ist, nämlich die Bodenverkehrsdienste an Flughäfen. Ich war dagegen, bei ihnen mehr Wettbewerber zuzulassen, da es die Gefahr gab, dass Billiganbieter profitieren würden. Junckers Entscheidung ist genau richtig. Es müssen die großen Themen behandelt werden, zum Beispiel die Flüchtlingsfrage. Dabei muss die Kommission Führungsqualität entwickeln, und das hat sie getan.

Aber viele Länder bremsen und wollen keine Flüchtlinge aufnehmen.

MANN: Das ist vielleicht das Gravierendste von allem: der Mangel an Solidarität. Europa scheitert aus meiner Sicht nicht daran, dass wir schwache Institutionen hätten. Europa scheitert daran, dass viele Mitgliedstaaten auf ihre nationale Souveränität bestehen und damit die europäische Einigung boykottieren. So entsteht bei den Bürgern der Eindruck, die Europäer seien weit weg von der Basis und versuchten, Dinge durchzusetzen, die mit der Lebenswirklichkeit des Einzelnen nichts zu tun haben. Dieser Eindruck ist falsch! Im Europäischen Parlament werden zum Beispiel alle Ausschuss- und Plenarsitzungen im Internet übertragen und sind daher für jeden abrufbar. Mehr Transparenz geht nicht!

Sie plädieren also für eine stärkere Integration. Aber ist das jetzt das richtige Signal, nachdem die Briten zum Ausdruck gebracht haben, dass sie keine stärkere Integration wollen, im Gegenteil?

MANN: Integration bedeutet doch, dass gemeinsam entschieden wird. Beim Thema Umweltschutz haben es die meisten Länder kapiert, aber noch können wir nicht überall durchgreifen. Auch beim Thema Banken ist Zusammenarbeit wichtig. Gemeinsam müssen wir ebenso gegen Steuervermeidung bei internationalen Unternehmen vorgehen. Die Sonderausschüsse Taxe1 und Taxe2 des Europaparlaments, denen ich angehört habe, werden in der kommenden Woche in Straßburg ihre Ergebnisse vorlegen. Einzelne Mitgliedstaaten könnten das nicht leisten. Dafür brauchen wir Europa.

Können Sie weitere Beispiele nennen?

MANN: Verkehrsprojekte oder die Belange von Arbeitnehmern. Die Bürger dürfen nicht zu kurz kommen. Europa hat beispielsweise sechs Milliarden Euro im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit eingesetzt. Auch die Armutsbekämpfung wird durch europäische Projekte gefördert.

Wo sollte sich Europa nicht mehr einmischen?

MANN: Ich halte das Ansinnen der Kommission für unerträglich, dass der deutsche Meisterbrief in Frage gestellt wird, weil man einheitliche europäische Regeln schaffen will. Der Meisterbrief muss aus Gründen der Qualität unbedingt Bestand haben. Die Kommission wollte auch eine Neuregelung bei den Betriebsrenten durchsetzen, um die Mobilität in Europa zu fördern. Allein in Deutschland hat das Betriebsrenten-System ein Volumen von mehr als 450 Milliarden Euro. Bei den Beratungen im Europäischen Parlament habe ich den Kolleginnen und Kollegen eine Reihe von Argumenten geliefert und war erfolgreich. Wir müssen generell stärker herausarbeiten, welche Kompetenzen bei den Mitgliedstaaten bleiben sollen. Darüber wird schon lange diskutiert, aber es gibt noch keinen Konsens.

Was muss Europa darüber hinaus tun, um wieder positiv wahrgenommen zu werden? Seit einer ganzen Weile jagt ja eine Krise die nächste.

MANN: Wir brauchen mehr emotional besetzte Themen. Ein aktuelles Beispiel: Wir wollen in Europa eine gemeinsame Küstenwache schaffen. Manche sagen, das sei eine Bagatelle, aber das stimmt nicht. Wir müssen erreichen, dass unsere Außengrenzen besser geschützt werden. Europäische Institutionen müssen in den Ländern aktiv werden können, wenn es Defizite gibt. Auf diese Art könnten wir den Bürgern klarmachen: „Wir haben verstanden. Wir sorgen dafür, dass wir den Schengen-Raum erhalten.“ Außerdem braucht Europa Gesichter. Wir benötigen Politiker, die Zeichen setzen wie zum Beispiel Angela Merkel heute und Helmut Kohl oder Helmut Schmidt früher. Natürlich muss man sich darum kümmern, dass bei allen Entscheidungen in Berlin auch die kleineren Länder mitgenommen werden. Es darf nicht heißen: „Das ist das Diktat der Großen.“

Wie bekommt man es hin, dass die EU-Länder wieder solidarisch handeln, anstatt egoistisch nur auf die eigenen Interessen zu schauen?

MANN: Ich denke, viele merken jetzt, was der Brexit wirklich bedeutet. In Großbritannien gibt es zurzeit ein böses Erwachen. Der Brexit kann für uns auch eine Chance sein, darüber nachzudenken, ob es nicht einen echten europäischen Mehrwert gibt. Und ob es nicht wichtig ist, ihn zu verteidigen.

Was glauben Sie, wo wird die EU in fünf Jahren stehen?

MANN: Ein Schock kann etwas Positives sein. Wenn wir aus dem Brexit das Richtige lernen, bekommen wir auf jeden Fall ein gestärktes Europa. Dazu gehört eine klarere Aufteilung, was die notwendigen Aufgaben auf der europäischen Ebene und auf den nationalen Ebenen sind. Staats- und Regierungschefs werden nicht mehr so oft einstimmig entscheiden, Mehrheitsentscheidungen an der Tagesordnung sein. Ansonsten kommen wir nicht voran.

Artikel vom 01.07.2016, 03:00 Uhr (letzte Änderung 02.07.2016, 02:51 Uhr)

Artikel: http://www.fnp.de/nachrichten/politik/bdquo-Der-Brexit-kann-eine-Chance-sein-ldquo;art673,2089221

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+ MP Volker Bouffier in Brüssel +

Unser Ministerpräsident kommt zum Jahresempfang der Hessischen Landesregierung in die Landesvertretung nach Brüssel. Nach der offiziellen Eröffnung nimmt er sich viel Zeit für Gespräche mit Verantwortlichen, die in EU-Institutionen arbeiten, genauso für einen Gedankenaustausch mit Landesverbänden der Jungen Union. Am Morgen danach ist er bei der Deutschen Gruppe zum konstruktiven Dialog über hessische und europäische Themen.

 

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