Von unserem Redaktionsmitglied Ricarda Dieckmann
Dass der Besuch des EU-Parlamentariers nur wenige Tage nach dem Brexit-Referendum stattfand – ein glücklicher Zufall. Denn mit Thomas Mann hatten die etwa 90 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe einen Diskussionspartner, der mit den Strukturen der Europäischen Union bestens vertraut ist. Der Hesse sitzt seit 1994 für die Europäische Volkspartei im Europäischen Parlament in Straßburg.
Thomas Mann: „Ein bisschen EU geht nicht“
Wie sehr der EU-Ausstieg der Briten die Hünfelder Schüler beschäftigt, war an den zahlreichen Fragen erkennbar, die die Mädchen und Jungen dem Gast stellten. Zerfällt die EU nun? Gibt es nun eine Kettenreaktion? Und sowieso: Wie soll der Ausstieg aussehen? „Out ist out. Punkt“, sagt Thomas Mann dazu. Beim Brexit müsse man eine klare Linie ziehen – und das möglichst schnell. Das heißt: Ohne eine EU-Mitgliedschaft dürfe es auch keine Privilegien mehr für Großbritannien geben. „Ein bisschen Binnenmarkt, ein bisschen Dienstleistungsfreiheit – das geht nicht.“ Denn machte man Großbritannien diese Zugeständnisse, könnte ein Domino-Effekt folgen. Dann kämen andere Staaten auch auf die Idee, sich aus der EU auszuklinken.
Angst vor Kettenreaktion
„Die Engländer werden Zollverhandlungen führen müssen – und zwar mit jeden einzelnen der 27 EU-Staaten“, prognostiziert Mann. Dabei könnten sich die Briten nicht darauf verlassen, wie die Schweiz oder Norwegen von Sonderregelungen profitieren zu können. Genau das könnte EU-Staaten dazu animieren, ebenfalls auszusteigen – und das soll auf jeden Fall vermieden werden. Immer wieder kehrte die Diskussion zu den Stichworten Kettenreaktion und Domino-Effekt zurück.
Autofahrt mit Euro-Skeptiker Nigel Farage
Was dem Abgeordneten große Sorgen bereitet, ist der Rechtsruck in Europa. Verstehen kann er die Denkweise der Rechtspopulisten nicht. „Ich mag Deutschland und ich mag Europa. Und ich sehe darin absolut keinen Widerspruch“, stellte Mann klar. Einer der Protagonisten des Rechtsrucks, der in diesen Tagen besonders viel Aufmerksamkeit bekommt, ist Nigel Farage. Der Brite ist Vorsitzender der Ukip und Brexit-Befürworter. Thomas Mann teilt gelegentlich das Taxi mit Farage, wenn er zwischen Flughafen und Parlament unterwegs ist. „Nigel Farage kann gut reden, ist aber ein Polemiker ohnesgleichen“, schilderte Mann. „Das zeigen Aussagen wie: ‚Wir haben eine Schlacht gewonnen, aber noch nicht den Krieg‘.“
Link zum Artikel der Fuldaer Zeitung: